Filmentwicklung in Kaffee
Spätestens seit 1995 ist bekannt, dass Kaffee silberhalogenidhaltige Schichten entwickeln kann 1. In einschlägigen Diskussionsforen finden sich seither diverse lange Threads zu diesem Thema, vereinzelt mit Bildbeispielen.
Immer an kuriosen Randgebieten interessiert, habe nun auch ich meinen ersten Film mit Kaffee entwickelt – und um es vorwegzunehmen: es wird nicht der letzte gewesen sein.
1. Testaufbau
Für den Versuch habe ich zwei Rollen Ilford FP4 plus belichtet (Belichtungsreihen mit und ohne Testtafeln): Eine zur Entwicklung in Kaffe, die andere zum Vergleich in Agfa Rodinal.
Das Rezept für den Kaffee-Entwickler – Einmalentwickler nach den Angaben für Caffenol bei digitaltruth 2 – ist simpel:
- 500 ml Wasser
- 8 Teelöffel löslicher Kaffee
- 4 Teelöffel Natriumkarbonat (Soda)
Wirksam für die Entwicklung ist im Kaffee nicht das Koffein, sondern die Kaffeesäure. Ein Blick auf deren Strukturformel offenbart sofort Ähnlichkeiten mit Brenzcatechin, einer altbekannten Entwicklersubstanz 3 (Pyro).
Das Soda wird benötigt zur Herstellung und Pufferung der alkalischen Lösung.
Ich habe das Kaffee- und das Sodapulver vermischt und mit etwa 27 °C warmem Wasser angesetzt, es jedoch versäumt, die Brühe auf die üblichen 20 °C runterzukühlen.
Den Film habe ich direkt anschließend 25 Minuten lang entwickelt; dabei in der ersten Minute ständig und dann alle 30 Sekunden zweimal gekippt. Gestoppt habe ich wie üblich mit Wasser, fixiert in einem alkalischen Fixierbad.
2. Ergebnisse
- Der Filmstreifen ist stark braun gefärbt; Caffenol ist ein färbender Entwickler (staining developer).
- Die Färbung ist deutlich ungleichmäßig.
- Die Empfindlichkeitsausnutzung ist – wie so oft – nicht sehr gut; weniger als die Hälfte der Nennempfindlichkeit –und das bei der zu hohen Badtemperatur (das war ja quasi eine Push-Entwicklung).
- Die Negative lassen sich sehr gut scannen (die Beispielbilder habe ich als Dias/
48-Bit-Farbe gescannt und mit Photoshop in schwarzweiß umgewandelt); ich habe sie noch nicht nass ausgearbeitet. - Bildeindruck siehe Flachbett-Scans von den Negativen:
3. Ausblick
Beim nächsten Mal werde ich zuerst das Soda komplett auflösen bevor ich den Kaffee einrühre.
Wie groß der Einfluß der Temperatur bei der Entwicklung mit Caffenol ist, weiß ich nicht. Verschiedene Quellen geben unterschiedliche Empfehlungen; ich werde mit den klassischen 20 °C weiterarbeiten.
Der Grad der Färbung soll von der Kaffeesorte und der Entwicklungszeit abhängig sein. Den Kaffee werde ich nicht wechseln – die Entwicklungszeit kann jedoch durch Zugabe von 2 g Vitamin C zu obigem Rezept (das gibt dann Caffenol C) deutlich auf etwa 12 Minuten verkürzt werden. Die Färbung soll dann fast verschwinden.
Den Fixierer ebenfalls durch etwas haushaltsübliches zu ersetzen, ist kaum möglich. Man könnte den Film zwar, wie weiland William Talbot seine Kalotypien, in Salzwasser baden. Das wäre jedoch keine dauerhafte Fixage, da die Silbersalze dabei nur in Silberchloride umgewandelt werden würden, die schwer löslich sind und daher in der Schlußwässerung kaum auswaschbar wären; die Schicht würde mit der Zeit schwarz werden. Schon Talbot hat daher bald (auf John Herschels Rat) mit Thiosulfat fixiert.
Für Caffenol gibt es neben Caffenol C noch Varianten zur bildmäßigen Entwicklung von Mikrofilmen (Caffenol LC und Caffenol LC+C). Die Zugabe von Salz zu Caffenol ergibt Caffenol Plus; die sichtbare Körnigkeit und der Schleier sollen damit reduziert werden.
Neben Kaffe gibt es noch andere mehr oder weniger haushaltsübliche Substanzen, die zur Filmentwicklung genutzt werden können, beispielsweise der schmerzlindernde und fiebersenkende Arzneistoff Acetaminophen/
umgezogen: ↬ https://
(Das ist die online-Version ohne Bilder eines Textes, der 1995 in der Zeitschrift Darkroom & Creative Camera Techniques erschienen ist.)
umgezogen und Rezept leicht geändert: ↬ https://
Alex Bishop-Thorpe hat Qualls Rezept gesichert: Film Developer Recipe: PaRodinal. Online verfügbar. ↬ https://
Nachtrag:
Ich habe einen weiteren Film mit Caffenol entwickelt und die Ergebnisse aufgeschrieben: → Kodak TMZ in Kaffee.
Zitierempfehlung:
Frech, Martin: Filmentwicklung in Kaffee. In: Notizen zur Fotografie, 2007-09-30. Online: https://