Film: Rollei R3
Ich habe mich einige Zeit mit dem Film Rollei R3 beschäftigt, der vom Vertrieb vielversprechend angekündigt wurde; beispielsweise mit dem Versprechen, er sei langfristig in einer großen Formatvielfalt lieferbar.
Da bin ich wohl mal wieder auf Hamburger Prosa reingefallen ...
Der Rollei R3 ist der Nachfolger des Maco Cube 400c. Die Emulsion ist identisch, der R3 hat jedoch eine Beschichtung zur Verbesserung der Planlage. Grundlage ist der ORWO TC27, ein Verkehrsüberwachungsfilm (erweiterter Rotbereich), den Filmotec (Wolfen) 1996 lancierte. 1, 2
Die technischen Daten klingen interessant: Der Rollei R3 ist ein dreischichtiger superpanchromatischer Schwarzweiß-Negativfilm mit klassischer Kristallstruktur (sensibilisiert im Bereich ca. 380 nm bis > 700 nm) auf Polyester-Basis mit einer Nennempfindlichkeit von ISO 400/27°.
Der Schwarzschildeffekt bewegt sich laut Datenblatt im üblichen Bereich klassischer Filme, d. h., ist die gemessene Belichtungszeit länger als eine Sekunde, muss tatsächlich deutlich länger belichtet werden (z. B. 2 s statt 1 s, 10 s statt 4 s 60 s statt 15 s, 350 s statt 60 s). 3
Der Film wird mit der Eigenschaft beworben, er sei über den riesigen Empfindlichkeitsbereich von ISO 25 bis 6400 einsetzbar; bei angepasster Entwicklung der jeweiligen Schichten. Empfohlene Entwickler für den Rollei R3 sind Rollei Low Speed (RLS = CG 512) und Rollei High Speed (RHS = LP Supergrain = Amaloco AM 74).
Filmotec empfiehlt in der ORWO-Vorschrift 1102 Kodaks Klassiker D76 zur Entwicklung des TC-27. 4
Wie auch immer. Ich habe den Film in der Kleinbild-Variante ausprobiert mit einem EI zwischen 200 und 800, entwickelt in RHS (1+7) und 3 min. Vorwässerung. Die Ergebnisse bei einem EI von 400 gefallen mir, der Film zeigt bei meiner Verarbeitung ein gepflegtes Korn, wie ich es auch bei Ilfords HP5+ schätze; knapper belichtet konnte ich dem Film jedoch nichts abgewinnen. Großartig ist der Polyester-Träger des Rollei R3; die Negative liegen im Scanner über das volle Format perfekt flach.
Diese Erfahrungen haben mich jedoch weder dazu bewogen, meine Standardfilme aufzugeben, noch dazu verleitet, mich intensiver mit dem Rollei R3 zu befassen. Neben den für mich unbefriedigenden Ergebnissen bei knappem Licht (EI größer 400) ärgert mich, dass das Formatvielfalt-Versprechen des Vertriebs schnell gebrochen war: die Planfilme sind schon eine Weile nicht mehr lieferbar und wie zu hören ist, wird auch der Rest nur noch abverkauft; und das nur wenige Jahre nach Produkteinführung! Wieder ein Beispiel, das meine bereits dargelegten Gedanken zum Markt für Schwarzweissfilm 5 bestätigt.
© Martin Frech: Kind (Berlin, 2008)
Rollei R3, EI 400 entwickelt in RHS 1+7, Scan vom Negativ mit Nikon Coolscan 4000 und VueScan als Raw-Datei, Ausarbeitung mit Photoshop
Ausschnitt aus obigem Scan
Ausschnitt aus dem Scan (Epson V750) einer Vergrößerung des selben Negativs (11-fach linear, mit EL-Nikkor 4/50 mm auf Adox Fine Print Variotone Premium, entwickelt in Fomatol PW)
Alle Photos in diesem Beitrag wurden auf den Film Rollei R3/KB (EI 400 und 800) aufgenommen und in Rollei High Speed (1+7) nach Herstellerangabe entwickelt.
Zitierempfehlung:
Frech, Martin: Film: Rollei R3. In: Notizen zur Fotografie, 2009-07-26. Online: https://