Mein Buchprojekt »Abschied«
Nach den guten Erfahrungen 2008 1 habe ich auch beim zweiten Solo Photo Book Month 2009 mitgemacht. 2 Neben der Gestaltung eines Fotobuchs innerhalb von 30 Tagen gehört zum Konzept, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über den Fortgang ihres Projekts bloggen.
Mit dem Umzug meines alten blogs habe ich die einzelnen Posts von damals 3 leicht überarbeitet und hier zusammengefasst.
1. Entscheidung für ein Filmmaterial
Mitte der 1980er-Jahre habe ich in Essen projektbezogen eine größere Menge Rollfilme vom Typ ORWO NP 20 gekauft. Einige sind damals übriggeblieben und befinden sich noch in meinem Filmlager.
Nun steht mein sofobomo-Projekt 2009 an und ich dachte darüber nach, die Aufnahmen mit diesem NP-20-Restbestand anzufertigen.
Zum sofobomo-Konzept gehört, dass die Teilnehmer über den Werdegang ihrer Projekte berichten – daher will ich meine Überlegungen zur Filmwahl hier kundtun.
Die Filme sind im August 1990 abgelaufen und waren all die Jahre nicht fachgerecht gelagert; das sollte mittelempfindlichem Schwarzweiss-Material jedoch nicht allzuviel anhaben.
Ich habe dennoch einige Testaufnahmen gemacht.
Tab. 1: Auflösung der Abkürzungen
ORWO | Original Wolfen (Markenname für Produkte des VEB Fotochemisches Kombinat Wolfen/ |
N | Negativfilm |
P | panchromatisch sensibilisiert |
20 | 20 °DIN |
NP 20 läßt sich in allen gängigen Entwicklern verarbeiten. Jedem Film liegt ein ausführlicher Zettel bei, auf dem als bevorzugte Entwickler A03, R09 und A49 aufgeführt sind. A03 ist ein Feinkorn-Entwickler für die Tank- und Maschinenentwicklung, R09 entspricht im wesentlichen Rodinal und A49 ist ein Feinstkornentwickler (wird heute als ADOLUX ATM 49 vertrieben). Sowohl A49 als auch Rodinal habe ich neben XTOL und HC-110 immer vorrätig.
Ich habe mich für Rodinal entschieden. Zu den Entwicklungszeiten macht der Zettel keine Angaben, es gilt die ORWO-Vorschrift 1100.
In meiner Bibliothek befindet sich das sehr ausführliche Datenblatt zum NP-20-Nachfolger NP 22 sowie das Buch Fotografische Chemie von Junge/
Für meinen ersten Test habe ich für den NP 20 einen E.I. von 17 °DIN festgelegt und das Negativ (vorgewässert) 12,5 Minuten lang entwickelt. Das ergab etwa folgende Dichten:
Tab. 2: Negativdichten deutlich überlagerter NP 20
Minimale Dichte (b&f) | 0.22 | |||
Zone | III | V | VIII | X |
Dichte über Unterlage und Schleier | 0.38 | 0.63 | 1.26 | 1.6 |
Diese Werte sind ok. Für die minimale Dichte des NP 22 (Rollfilm) gibt das Datenblatt einen Wert von 0.15 an. Es ist klar, dass ein so deutlich überlagerter Film eine höhere Grunddichte aufweist als das frische Material (hier etwa zwei Blenden). Das stört mich jedoch nicht, da belichte ich später einfach durch.
Die nächste Rolle habe ich dann für mehr Kontrast mit 14 Minuten etwas länger entwickelt und bin mit den Ergebnissen zufrieden; vielleicht sollte ich noch etwas reichlicher belichten.
Zum Vergleich habe ich jedes Motiv außerdem auf Kodak T-Max 400 (TMY-2) belichtet.
Die Testaufnahmen habe ich auf Ilford Multigrade IV vergrößert und mit dem Epson V750 gescannt.
Testmotiv (Ausschnitt aus 300-dpi-Scan, png-Datei)
ORWO NP 20 (17 °DIN), Agfa Rodinal 1+40, 6,7-fach linear vergrößert auf Ilford MG IV
Testmotiv (Ausschnitt aus 300-dpi-Scan, png-Datei)
Kodak T-Max 400 (24 DIN), Kodak XTOL 1+2, 6,7-fach linear vergrößert auf Ilford MG IV
Das soll kein technischer Vergleich von NP 20 und T-Max 400 sein – vielmehr ging es mir darum, beide Filme auf die Tauglichkeit für mein konkretes Projekt abzuklopfen. Die hier gezeigten Scans sind daher rein illustrativ. Was für mich zählt, ist die Anmutung der Vergrößerung. Und da macht der NP 20 eine überraschend gute Figur, die Aufnahmen sind jedoch teilweise wolkig verschleiert.
Ich werde meine NP-20-Restbestände aus folgenden Gründen dennoch nicht verwenden:
- Ich kann nicht sicher sein, dass jede der NP-20-Rollen von gleicher Qualität ist und Aufnahmen zu wiederholen ist bei diesem engen Zeitplan nicht angenehm.
- Da ich in Innenräumen mit vorhandenem Licht arbeiten werde, sind mir 15 bis 17 °DIN eine zu geringe Empfindlichkeit (laut der Tabelle für den NP 22 muss der Film bei einer gemessenen Belichtungszeit von 5 s schon 2,3mal so lange belichtet werden um den Schwarzschildeffekt auszugleichen, bei 30 s muss man daher schon 2 Minuten belichten).
- Die Vergrößerungen zeigen keinen speziellen NP-20-Look, der diese Nachteile aufwiegen würde.
- Ich habe keine sentimentalen Erinnerungen an diesen Film.
- Warum soll ich dann auf Aufnahme-Komfort und Bildqualität verzichten?
2. Foto-pdf statt Fotobuch
Die Regeln sind klar, Paul Butzi wies uns gestern nochmal darauf hin: Das Endprodukt für den sofobomo ist eine pdf-Datei 4. So steht es ja auch »offiziell« geschrieben 5:
What qualifies as a completed photo book?
The goal is a nicely formatted PDF with the photos in it ...
So I don't need to actually finish with a printed copy of the book? Nope.
A PDF file will do.
Kein gedrucktes Buch also, sondern eine Datei. Irreführend ist daher der Name der Veranstaltung: Solo Photo Book Month (sofobomo). Nun ist eine pdf-Datei aber kein Buch. Solo Photo pdf file Month (sofopdfimo) wäre also passender, würde jedoch blöd klingen.
Dem sofobomo-pdf-Zwang könnte man zwar auch genügen, wenn man ein geklebtes Fotoalbum scannt (auch wenn diejenigen Teilnehmer, die Ihre Bilder schon in der Kamera digitalisieren, wohl kaum auf diese Idee kämen).
Das pdf-Format bietet jedoch außerbuchliche Möglichkeiten wie Navigationsstrukturen jenseits eines Inhaltsverzeichnisses oder eigebettete Töne, die es auszuloten gilt. Gordon McGregor hat auf seinem blog »PhotoExpressions« einen Text des Lenswork-Herausgebers Brooks Jensen veröffentlicht, in welchem dieser entsprechende Gedanken zum Foto-pdf formuliert. 6
Schöne Ideen; jetzt muss man nur noch was draus machen – in nur 30 Tagen. Aber der Vorteil des Termins ist ja gerade, dass dann das fertig ist, was eben fertig ist. Und wenn es nur die Vorstudie zu etwas besserem ist. Oder im übertragenen Sinne: There’s nothing like standing somewhere and actually taking pictures for ending the theorising. 7
3. Digitalisieren
Während mein fünfter sofobomo-Film trocknet, habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie ich die Negative digitalisieren werde. Da ich keinen Dienstleister beauftragen möchte, habe ich drei Möglichkeiten:
- Negative vergrößern und die Abzüge scannen,
- Negative auf dem Flachbettscanner scannen und
- Negative mit der Digitalkamera von der Leuchtplatte abfotografieren.
Option eins entfällt für mich, da es mir zu aufwendig ist, die Negative nur für das Scannen zu vergrößern; zumal diese dann maximal A4 groß sein dürften.
Die beiden anderen Möglichkeiten sind praktikabel – mit vergleichbaren Bildergebnissen:
Ausschnitt, ungeschärft: Negativscan, Epson V750, VueScan
Ausschnitt, ungeschärft: Negativ auf Leuchtplatte abfotografiert, Nikon D70, Micro-Nikkor 2.8/55 mm
Die mit der D70 angefertigten Repros haben mit netto etwa 1700 × 1700 Pixeln eine geringere Auflösung als die Scans vom V750; für mein sofobomo-pdf reicht das jedoch.
Da das Abfotografieren deutlich schneller geht als das Scannen, werde ich meine sofobomo-Negative auf diese Art digitalisieren.
Abschied – mein sofobomo-Beitrag 2009
Obwohl die Veranstaltung Solo Photo Book Month heißt, ist das Ziel doch eine pdf-Datei und mithin kein Buch. Letztes Jahr habe ich mit Uferzonen dennoch ein Buch gestaltet und dieses als pdf-Datei veröffentlicht. 8
Das aktuelle Werk Abschied habe ich dagegen konsequent als pdf-Datei angelegt – inkl. Navigationselementen und Links ins Web. Mein ursprüngliches Konzept habe ich jedoch verworfen und das Projekt komplett neu aufgesetzt.
Download: 📂 Martin Frech: Abschied (2009)
Dieses Projekt habe ich später zu meiner Arbeit Abschied weiterentwickelt.
— sofobomo 2009 | fertig (26.06.2009)
— sofobomo 2009 | Digitalisieren (12.06.2009)
— sofobomo 2009 | Kontakte 3 und 4 (05.06.2009)
— sofobomo 2009 | Photo-pdf statt Photobuch (01.06.2009)
— sofobomo 2009 | Projektstart, erste Kontakte (31.05.2009)
— sofobomo 2009 | ORWO NP 20 (15.05.2009)
Zitierempfehlung:
Frech, Martin: Mein Buchprojekt »Abschied«. In: Notizen zur Fotografie, 2009-05-15. Online: https://